Bericht und Ergebnisse IDB 2025 in Malcesine
Bericht von der Internationalen Deutschen und Niederländischen Meisterschaft in Malcesine/ Gardasee.
Der Gardasee gilt in der internationalen Segelcommunity als einer weltweit besten Segelspots, wenn nicht sogar als der beste. Traumhafte Kulisse, italienisches Dolce Vita, klares Süßwasser und vor allem ziemlich verlässlicher thermischer Wind lassen kaum Wünsche offen. Es lag also an der Attraktivität des Reviers, dass knapp 80 internationale Top-Segler der A-Cats in der Foiler- und in der Classic-Division zur gemeinsamen niederländischen und deutschen Meisterschaft in Malcesine kamen.

Der im Ortsteil Navene gelegene Club ist für Segelprofis aus aller Welt ein hochbegehrter Trainingsstandort. Während der Meisterschaft konnte man beispielsweise den amtierenden America’s Cup-Gewinner Dylan Fletcher antreffen (er war der Steuermann auf der Backbordseite, Peter Burling auf der Steuerbordseite). Oder Phil Robertson, Paul Goodison, Richard Schultheis und weitere Topsegler, die sich allesamt auf die Moth-WM im Juli am selben Ort vorbereiteten.
Doch zurück zu den A-Cats: Das ursprüngliche Meldekontingent von 60 Booten war binnen zwölf Stunden nach Öffnung des Online-Meldeportals ausgeschöpft, weitere 20 Boote konnten dann noch nachmelden. In beiden Disziplinen war ein erheblicher Teil der Segler vertreten, die bei den letzten beiden Weltmeisterschaften die vorderen Ränge des Klassements belegt hatten, einschließlich der amtierenden Weltmeister und Vizeweltmeister. Eigentlich fehlten nur die Topleute aus Australien und den USA, sonst waren fast alle gekommen. Es hatte daher seine Berechtigung, dass die Meisterschaft in Malcesine nicht nur als Warm up für die eine Woche später stattfindende EM in Riccione an der Adriaküste angesehen wurde, sondern als „Teil 1 der Euro“ – mit vermutlich mehr Wind als an der Adria.
Dass es mit so vielen Teilnehmern auf dem topographisch eingegrenzten Clubgelände „kuschlig“ werden würde, hatte für Befürchtungen gesorgt. Trotz anfänglichem Chaos lief es dann aber weitgehend unproblematisch ab. Wenn die Leute in Italien eines können, dann ist es improvisieren und unbürokratisch Lösungen finden. Lediglich an den beiden Slipbahnen wären einige Helfer schön gewesen. An und Ablegen ist dort mit so vielen Booten eine echte Herausforderung, vor allem bei kräftigem Wind.
Im Vorfeld der Meisterschaft hatten zwei Themen für Diskussionen gesorgt: Die Einführung eines Luv-Gates (statt Luvtonne und Ablauftonne) sowie das Grand Prix Finish. Das Luv-Gate bewerteten die allermeisten Segler positiv: Es gibt eher weniger haarige Situation als an einer normalen Luvtonne, und es eröffnet mehr taktische Optionen. Das Grand Prix Finish soll die Wartezeiten verkürzen, die insbesondere bei den Foilern durch die enorm großen Geschwindigkeitsunterschiede zwischen vorderer und hinter Hälfte auftreten. Nach Zieleinlauf des ersten Bootes wird eine Grand-Prix-Flagge gesetzt und die überrundeten Segler können dann die letzte Runde auslassen und nach Passieren des Leegates mit dortigem Finish direkt wieder in Startgebiet kommen. Die enervierenden langen Pausen zwischen den Rennen lassen sich dadurch um 20 Minuten und mehr verkürzen. In der Moth-Klasse wird das seit Jahren erfolgreich praktiziert.
In Malcesine gab es am ersten Renntag im ersten Lauf jedoch leider große Verwirrung mit dem Grand Prix Finish. Das lag vor allem daran, dass die A-Cats in zwei Divisionen in zwei Startgruppen und mit zwei Klassenflaggen segeln. Die Foiler starteten 7 Minuten vor den Classics, beide hatten drei Runden zu segeln. In der Segelanweisung stand nichts davon, dass die Grand Prix-Flagge mit einer Klassenflagge gesetzt wird und das Grand Prix Finish dann nur für diese Klasse gilt. Zahlreiche Classics sahen kurz vor Vollendung der zweite Runde die Grand Prix Flagge und finishten am Leegate. Das hätte auch Sinn gemacht, um die Wartezeit für die ersten Foiler zu minimieren. Doch die Wettfahrtleitung interpretierte das anders und ging davon aus, dass die Classics eine dritte Runde segeln müssen, solange deren Erster noch nicht im Ziel ist. Somit hagelte es zahlreiche DNF in der Ergebnisliste – ärgerlich für diejenigen, die teilweise weit vorne lagen und dennoch gleich im ersten Lauf einen Streicher kassierten. Ein Antrag auf Wiedergutmachung wurde von der Jury aus formalen Gründen abgelehnt. Am nächsten Tag wurde die Segelweisung dann präzisiert. Vor allem aber wurde festgelegt, dass die Classics von vornherein nur zwei Runden segeln. Das hat bestens funktioniert, der Zieleinlauf war kompakt.
Fazit vieler Segler zum Grand Prix Finish: a) Das Thema betrifft vor allem die Foiler wegen ihrer großen Abstände. b) Es kann erfolgreich Wartezeiten verkürzen und nervige DNFs verhindern. c) Angesichts von zwei Klassen auf der Bahn bedarf es präziser Segelanweisungen, denn Ungenauigkeiten führen zu großen Problemen.
An den drei traumhaften Renntagen in Malcesine konnten neun Läufe gesegelt werden. Das jeweils erste Rennen war etwas leichtwindiger mit 6 bis 11 Knoten, dann briste die Ora im Laufe des Nachmittags auf 12 bis 15 Knoten Grundwind auf. In manchen Böen unter Land war es deutlich mehr. Das alles bei strahlender Sonne und angenehmen Temperaturen. Der Gardasee lieferte, was die Segler sich versprochen hatten.
Bei den 29 angetretenen Classics machte der Weltmeisterschaftsdritte Jacek Noetzel (POL) gleich im ersten Rennen klar, dass diesmal kein Weg an ihm vorbei geht. Der amtierende Weltmeister Gustavo Doreste (ESP) und der Vizeweltmeister Scotty Anderson (AUS) boten ihm zwar Paroli, so gut es ging. Aber vor allem bei kräftigerem Wind hatte Jacek mit seinem dynamischen Segelstil und mit seinem Classic-AD 3 der neuesten Bauart einen klaren Speedvorteil.
Bei den deutschen Classics zeigte Lars Bunkenberg exzellente Segelleistungen auf allen Kursen und bei allen Windstärken, ein Rennen konnte er sogar gegen die beiden Weltmeister gewinnen. Vollkommen zu Recht trägt er nun den Titel „Deutscher Meister A-Cat Classic 2025“. Christian Stock und Georg Reutter duellierten sich bis zuletzt um den Vizetitel, stark bedrängt von Jörg Horn und Florian Hennig, die in diesem hochwertigen Feld ebenfalls eine gute Figur machten. Die niederländische Meisterschaft im Classic gewann Caroline van Beelen, die ihren Nikita wie gewohnt sehr souverän beherrschte.
Leider hat Lars‘ Sieg einen bitteren Wermutstropfen. Im vorletzten Rennen kam es zu einer heftigen Kollision mit einem Foiler, bei dem der Bug von Lars‘ Nikita abbrach. Zum Glück gab es keine Verletzungen. Generell entstanden in Malcesine wiederholt sehr enge Situationen auf der Bahn, die sich Foiler und Classics teilen mussten. Die Annäherungsgeschwindigkeiten zwischen den Booten sind enorm hoch, teilweise liegen sie bei bis zu 70 km/h. Die Positionen verändern sich so schnell, vor allem bei böigem Wind, dass selbst bei vorausschauendem Segeln urplötzlich kaum noch Möglichkeit zum Ausweichen ist.
Hinzu kommt, dass es auf dem Downwind-Kurs einen toten Winkel hinter dem Segel auf der Leeseite gibt (bei etwa 45 Grad neben der Kurslinie). Entgegenkommende Leeboote mit Wegerecht hat man schnell übersehen. Und wenn dann wie vor Malcesine alle Segler auf die zumeist bevorzugte linke Bahnseite unter Land drängen, wird es doppelt eng. Abhilfe schaffen könnte das Verlegen der Bahn in die Mitte des Sees. Dann gibt es allerdings keine Show mehr für das Publikum in der Clubbar.
A propos Show: Die 45 angetretenen Foiler lieferten wie gewohnt den spektakulärsten Auftritt. Die besten von ihnen schossen mit Geschwindigkeiten von bis zu 30 Knoten über die Bahn, ein beeindruckender Anblick. Allen voran Weltmeister Jakub Surowic (POL), der seinen Foiler so stabil über den Parcours jagt, als fahre er auf Schienen. Durch Windlöcher stach er hindurch, als gäbe es sie nicht, und in den teils kräftigen Böen beschleunigte er einfach.
Der Sieg war ihm nicht zu nehmen, obwohl Local Hero Lamberto Cesari (ITA) alles daran setzte, ihn zu schlagen. Lamberto zählt dank intensivem Training in den letzten Jahren inzwischen zur absoluten Weltspitze. In Malcesine zerlegte es ihn im sechsten Rennen so, so dass ein Vorstag brach und er nicht weiterfahren konnte. Ex-Weltmeister Mischa Heemskerk (NED) musste gegen die jüngere Konkurrenz Federn lassen, hatte aber sichtlich großen Spaß an der Regatta und kann sich damit trösten, niederländischer Meister bei den Open geworden zu sein, gefolgt vom immer stärker werdenden Rutger Krijger und von Thijs Visser.
Den deutschen Meistertitel bei den Foilern errang Rainer Bohrer, interessanterweise auf demselben 6. Gesamtrang wie Classic-Kollege Lars. Rainer trainiert seit vielen Jahren intensiv am Gardasee, das zahlt sich nun ebenso aus wie die Verlässlichkeit seines Materials, das ihn in früheren Jahren einige Male böse im Stich gelassen hatte. Routinier Bob Baier errang den Vizetitel, Roeland Wentholt bekam Bronze. Die einzige deutsche Teilnehmerin Katrin Brunner platzierte sich unter anderem dank guter Starts im Mittelfeld, konnte aber als Leichtgewicht speedmäßig nicht mit den schweren Kerlen mithalten. Unter 70 Kilo wird es bei den Foilern noch kritischer als bei den Classics, wo bei stärkerem Wind aber ebenfalls Gewicht am Trapez gefragt ist, um an der Kreuz mithalten zu können.
Die Kombination aus deutscher und niederländischer Meisterschaft wurde von allen Seglern sehr begrüßt. 2026 wird es daher eine Neuauflage geben, allerdings im Norden Hollands beim Hellecat-Club direkt hinterm Deich zur Nordsee – mit entsprechenden stabilen Windverhältnissen. 2027 gibt es dann hoffentlich eine Wiederholung in Malcesine, sofern der ausrichtende Fraglia Vela Malcesine mitspielt und einen Termin in seinem vollgedrängten Kalender findet. Die Segler, die diesmal den Weg nach Malcesine gefunden hatten, waren sich jedenfalls einig: „This was my best sailing in a long time“.
Christian Stock
Fotos im Beitrag von Fraglia Vela Malcesine
Viele Fotos, die man auch in hoher Auflösung runterladen kann, sind auf Flickr zur finden.
https://www.flickr.com/photos/fragliavelamalcesine/albums/72177720326520083